Heute war Sonntag. Wocheneende, Kinder krank, Franziska krank… keine guten Voraussetzungen für einen schönen Tag. Und es kam, wie es kommen musste. Ich hatte mir vorgenommen, zumindest in irgendeiner Form den Tagesablauf zu besprechen und habe nach dem Frühstück probiert mit Franziska zu klären, ob und wann die Kinder heute zum Geburtstag einer Freundin in den Känguroom dürfen. Ich ware grundsätzlich dagegen, dass sie heute gehen, da Sasha schon seit zwei Wochen einen Husten mitschleppt und deswgen auch schon einmal in der Schule fehlte. Neli tut es ihr gleich und war bereits zweimal zu Hause. Der Känguroom ist ein Indoorspielplatz auf über 2.300 m², wo die Kinder toben und sich auspowern können. Eigentlich genau das Richtige für so einen Tag – nur halt, wenn man gesund ist.
Die Diskussion drehte sich im Kreis, Franziska sagte, sie hätte ja schon am Freitag absagen wollen, weil ich die Mama vom Geburtstagskind krank war. Ich wollte dann einfach nicht als Spielverderber da stehen und habe angeboten, dass ich dann halt nur für eine begrenzte Zeit mit den Kindern gehen könnte. Da sich bei mir schon wieder Frust angestaut hatte, weil ich tags zuvor zwei Weinkrämpfe hatte, ich mich einsam fühlte, unverstanden, voller Angst ein schlechter Vater zu sein, meinen Kindern keine Familie, keine sichere Umgebung, keine Geborgenheit und keinen Platz für sie zwischen Mama und Papa bieten zu können – keinen Trost, kein Mitleid, keine Aufheiterung und am aller Schlimmsten keine Achtung, keinen Respekt sondern gefühlte Verachtung, Abscheu und Genugtuung zu spüren – brach es aus mir heraus. Gemäßigt und nicht explosiv, aber es brodelte…
Franziska kam mit dem Üblichen, ich unterdrücke sie, manipuliere, verhinderte zum X-ten Mal eine Trennung durch dieses Verhalten und bin im Allgemeinen schuld an Vielem. Auf Ihrem Rücken habe ich ausgetragen, dass ich zur Arbeit gehen konnte (weite Fahrten für meine Projekte, nach Bayern (700 km) und Stuttgart (500 km)). Sie hat es auch geschultert, als Nelian fünf Wochen nicht in die KITA konnte, weil er dort schlecht behandelt wurde und es ihm mies ging. Die ganze Zeit über hat sie zurückstecken müssen, damit ich meine Arbeit machen kann. Bienen, Haus, Garten, Job… sie kam immer zu kurz. So, oder so ähnlich, wirft sie es mir immer vor. Die erwähnte Manipulation bestand zum einen aus meiner Aussage, dass ich im Falle einer Trennung alles dafür tun wolle, dass die Kinder bei mir bleiben. In einem anderen Konflikt habe ich damit geäußert, dass ich eine Trennung nur verkrafte, wenn wir uns gar nicht mehr sehen – auch die Kinder nicht mehr.
Die letzten beiden Aussagen traf ich unter größter Verzweiflung, innerlich am Limit, tagelang unter Strom, nicht mehr fähig klar zu denken. Nein, meine Kinder nicht mehr sehen, das hätte ich im Leben nicht verkraftet. Sie sind momentan alles wofür ich Lebe. Alles dafür tun, dass es meinen Kindern gut geht, wäre in beiden Fällen vermutlich die bessere Wortwahl gewesen. Das aber, geht freilich unter Anspannung, extremer Reizung und Provokation nicht. Schönreden lassen sich diese Dinge gewiss nicht, und das möchte ich auch gar nicht. Deshalb habe ich mich dafür auch schon mehrfahch aufrichtig entschuldigt. Aber das Kind war damit schon damals im Sommer in den Brunnen gefallen.
Was mich weiter umtreibt, ist das erwähnte Zurückstecken von Franziska, damit ich meine Arbeit machen kann. Es ist vollkommen richtig, dass es war wie sie es beschreibt. Und dafür bin ich ihr auch sehr dankbar. Jedoch war es keinstenfalles so, dass ich mir in dieser Zeit Freiheiten erlaubt hätte. Im Gegenteil. Jede Fahrt habe ich spitz auf Kopf geplant und bin mit je einer knappen Übernachtung maximal eine Nacht von zu Hause fern geblieben. Eine Fahrt bspw. über Stuttgart nach Passau und dann nach Hause habe ich üblicherweise Donnerstag oft auch Freitag Nacht begonnen, nachdem die Kinder bettfertig waren. Ich startete hier gegen 19-20 Uhr und war zwischen 1 und 2 Uhr morgens in Stuttgart. Dann ging es gegen 7-8 Uhr weiter nach Passau in Bayern. Dort betreue ich zwei Bienenstände im Rottal. Die jeweils sechs Völker müssen bei einem Besuch geschätzt werden, heißt so viel wie Bienen und Brutzellen zählen. Dazu kommt noch die Probennahme von Bienen, Pollen und Nektar für verschiedene Analysen. Im Anschluss besuche ich noch kurz die beiden Imker vor Ort, da ohne die keine Betreuung aus der Ferne möglich wäre. Pro Stand benötige ich so ca. 3h. Wenn ich also gegen 11-12 Uhr in Passau ankomme bin ich nach 6h körperlich anstrengender Arbeit (Kisten heben, insgesamt ca. 250 Bienenwaben ziehen und beide Seiten schätzen) und meist ohne längere Pause wieder on the Road. Dann fahre ich also von Passau in den Nordharz, 700 km in ca. fünf Stunden. Wenn ich zu Hause ankomme ist es dann 22-23 Uhr. Das heißt ich war knapp einen Tag von zu Hause weg. Pro Jahr habe ich fünf bis sechs solcher Termine. Dazu kommt noch die Betreuung von Völkern in Brandenburg, was ich aber innerhalb eines Tages schaffe (8-18 Uhr), da bin ich dann rechteitig zu Hause zum ins Bett bringen.
Ich möchte damit nicht aufwiedgen, wer mehr zu Hause tut. In einer Ehe, in einer Familie ist man für einander da, steckt auch mal zugunsten der Kinder oder des Partners zurück, weil man weiß, dass es für alle so am besten ist. Dabei aber nicht außer acht lässt, sich zu melden wenn man auf dem Zahnfleisch geht und nicht mehr kann. Bei Franziska habe ich das Gefühl, dass sie immer bis zu allerletzt durchhält, dann kollabiert und mir die Schuld dafür gibt, nicht früher Hilfe angeboten zu haben. Es war jedenfalls nie meine Absicht, sie hänge zu lassen. Sie nicht zu unterstützten, ihr Freiräume zu geben. Meine Arbeit macht mir Spaß, ja. Aber das macht sie nicht weniger anstrengend. Wenn ich über Stuttgart fahre und dort bei meiner Mutter übernachte, bleibt teilweise nur Zeit um kurz gute Nacht zu sagen – weil ich in der Früh schon gleich wieder starte, um nach hause zu meiner Familie zu kommen. Weil ich sonst ein schlechtes Gewissen habe, meiner Frau und meinen Kinder nicht helfen zu können. Weil ich kein schlechter Vater und kein schlechter Ehemann sein will. Diese Gedanken sind stets präsent bei dieser Arbeit. So schnell es geht wieder nach Hause – damit dort nichts eskaliert, damit die Kinder Zähne putzen, damit sie früh ins Bett kommen und damit Franziska sieht, wie sehr ich mir Mühe damit gebe.
Um noch kurz zurück zukommen auf heute und den Titel dieses Beitrags. Nachdem ich dann beim Geburtstag war mit den Kindern und sie viel Spaß hatten, waren sie entsprechend fertig als wir zu Hause ankamen. Beide haben dann noch gebadet und wurden umgezogen. Neli ins Bett gebracht und Sasha hat noch etwas gegessen. An vielen dieser Punkte hat es schon gekippt und die Kinder haben schlimm geweint. Sasha dann zuletzt beim Insbettbringen, weil sie wollte dass Mama und Papa sie bringen. Franziska war in der Küche und ich sagte ihr, dass Sasha sie dringend brauche. Darauf kam dann die Antwort, wie sie im Titel steht: Ich lasse mich nicht terrorisieren. Ja, wer tut das schon gerne? Eine kleine erschöpfte Maus, die gerne noch Ihre Mama kuscheln möchte und sich nicht anders vermag auszudrücken in dieser Lage als mit weinen – für mich ist das kein Terror, sondern das Verlangen nach seinen liebenden Eltern. Aber was weiß ich schon.